Der Erwählte: Roman by Thomas Mann

Der Erwählte: Roman by Thomas Mann

Autor:Thomas Mann
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Classics, Fiction
ISBN: 9783104034041
Herausgeber: S. Fischer
veröffentlicht: 1951-04-14T23:00:00+00:00


Der Zweikampf

Mich freut es, bei allem stillen Grauen, das mir ob des Fortgangs der Geschichte im Herzen wohnt, daß Herr Feirefitz bei jener Unterhandlung mit Herrn Poitewin hatte Gewißheit einholen wollen über die Echtheit von Gregors Rittertum, wodurch er dem Schultheiß die Zunge gelöst und ihn bestimmt hatte, von seines Gastes keckem Einzelausfall auf die Brücke des Genaueren zu künden. Wir hätten sonst wohl gar von diesem Abenteuer nie vernommen. Sanghafte Übertreibungen gern in Abzug gebracht, die dem Künder in der Hitze des Erzählens mit unterliefen, und die man einem in wahrhaftiger Erzählung nicht Geübten zur Not verzeiht, – so bleibt genug, uns zu versichern, daß die ritterlichen Träume des Kloster-Scholaren aus der Fischerhütte nicht leerer Schaum gewesen, sondern daß ihm die Sprache der Rittertat, von der er behauptet hatte, er spräche sie innerlich mit Fertigkeit, wirklich mund- und armgeläufig war, wenn ihm auch nottat, sich aufs allerbeste und wirklichste darin zu vervollkommnen, bevor er wagen konnte, was ihm seit seinem ersten Gespräch schon mit Meister Poitewin, besonders aber seit er die Herrin mit Augen gesehen, als starrer Vorsatz im Herzen saß.

Fragt einer hier in Einfalt und von Begriff ein wenig stutzig, was für ein Vorsatz denn das wohl sein möchte, so möge er abgerissenen Brocken lauschen, die Grigorß, wenn er allein war, manchmal stoßweis vor sich hin murmelte. Sie lauteten:

»Sei er auch noch so greulich, ich bind doch mit ihm an!«

Oder:

»Und wär er Valand selber, ich wollt ihn auch bestehn!«

Wen er damit meinte, danach zu fragen ist wohl niemand stutzig genug. Hör ich ihn aber so murmeln, bin ich wahrhaftig der Fügung Gottes froh, daß Grigorß zum Winter und zur Zeit lässiger Führung des Minnekriegs in die Stadt gekommen war. Das gab ihm Frist, sich im wirklichen (und nicht nur innerlichen) Sprechen der Sprache des Rittertums mit Fleiß zu üben, wozu ihm der Winterkrieg beinahe von Tag zu Tag Gelegenheit bot. Denn allerlei ritterlich Geplänkel, leichte Abenteuer und Skaramutzien, halb ernstes Neidspiel, halb nur der Kurzweil halber, geschahen fast täglich vor der Stadt, zu Fuße und zu Pferde, und dabei blieb er nicht müßig, – so wenig, meiner Treu, daß es bei rüstigen Bürgern, bei Rittern und Sarjanden bald hieß, im Jagen sei er ein Haupt und in der Flucht ein Schwanz. Ich gebe die Männerrede wieder, wie ich sie vernommen. Mir klingt sie ungefüge, und gleichfalls, daß sie sagten, er sei ›der Hagel der Feinde‹. Auch das ist für mein Ohr eine linkische Metapher, doch gab ihnen seine tenue die Bilder nun einmal ein.

Am wohlsten war ihm zu Pferde, denn zu oft und genau hatte er Schenkelschluß, Leisieren und Volte-Reiten im Traum geübt, als daß nicht die Wirklichkeit ihm altvertraut und zukömmlich hätte erscheinen sollen. Die Kunst war, wie man sagt, ihm angeboren, er hatte sie in sich vorgefunden und vermochte sie gleich, so daß niemand dachte, er habe früher nie auf Rosses Rücken gesessen. In Herrn Poitewins Stall stand ihm ein gutes Tier, von seinem Gold gekauft, ein blessiger Hengst, gescheckelt, von Brabanter Schlag, mit Augen, schön



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